Prof. Dr. Wolfram Backert und Prof.in Dr. Ina Schildbach von der Fakultät Angewandte Sozial- und Gesundheitswissenschaften der OTH Regensburg hatten die Vertreterinnen und Vertreter der Stadt und der Initiativen und Einrichtungen an die OTH Regensburg zu einer Diskussion eingeladen.
Auch in wohlhabenden Gesellschaften und Regionen nimmt die Bedeutung der Armutsthematik seit Jahren stetig zu. Die aktuelle Inflation, die steigenden Energiepreise, die Veränderung der Arbeitswelt und der Familienstrukturen stellen viele Menschen in unserer Gesellschaft vor große ökonomische und soziale Herausforderungen. Dies zeigen auch die regelmäßigen Berichte über die Armutslage in Deutschland.
Der letzte Armutsbericht für Regensburg wurde im Jahr 2011 erstellt, die Kontinuität einer umfassenden Berichterstattung ging verloren. Der Wunsch nach einer Neuauflage des Berichts fand bei dem Treffen an der OTH Regensburg bei allen Beteiligten großen Zuspruch.
Neuer Armutsbericht soll Ende 2024 verfügbar sein
So einigte sich die Runde darauf, eine Aktualisierung des Sozialberichts aus dem Jahr 2011 anzustreben, an der sich die beiden Professuren aktiv beteiligen wollen. Neben der fachlichen Expertise von Prof.in Dr. Schildbach und Prof. Dr. Backert sollen hier auch studentische Forschungs- und Qualifizierungsarbeiten Platz finden, die für den Bericht und die Ausbildung der Fachkräfte gleichermaßen von Nutzen sind. Der neue Bericht soll voraussichtlich Ende 2024 verfügbar sein.
Armut stellt unsere Gesellschaft vor unterschiedlichste Herausforderungen. Dies gilt besonders für urbane Räume wie zum Beispiel die Stadt Regensburg. Bezahlbarer Wohnraum, der Zugang zur städtischen Infrastruktur und die Teilhabe am städtischen Leben sind zentrale Bereiche für die Stadtentwicklung und die soziale Infrastruktur. „Eine fundierte empirische Analyse könnte hier bei der Identifikation benachteiligter Bevölkerungsgruppen und Stadtteile behilflich sein, gleichzeitig könnten so verborgene Stärken identifiziert und Angebote der sozialen Infrastruktur und die Betroffenengruppen enger vernetzt werden“, so Prof.in Dr. Ina Schildbach.
Ein derartiges Projekt kann allerdings nicht von wenigen Einzelpersonen realisiert werden. Für eine Fortschreibung des Berichts sind eine Vielzahl von Daten aus unterschiedlichsten Quellen, Ämtern und Behörden nötig. Die Initiative wird daher intensiv mit der Stadt und weiteren relevanten Akteuren zusammenarbeiten und strebt eine partizipative und offene Herangehensweise an.
Überdurchschnittliche Altersarmut in Regensburg
„Auch in der wohlhabenden Stadt Regensburg müssen 20 Prozent der arbeitenden Bevölkerung mit einem Bruttoeinkommen unter 2000 Euro auskommen und es gibt eine überdurchschnittliche Altersarmut. Deshalb freue ich mich, dass die Tradition der Armutsberichte von der OTH Regensburg aufgegriffen und von der Sozialbürgermeisterin sowie vielen Initiativen und Verbänden getragen wird“, sagte Reinhard Kellner, Vertreter der Sozialen Initiativen und des „Forum gegen Armut“ Regensburg.
In Regensburg hat die Auseinandersetzung mit der Armutsfrage eine lange Tradition. Ein erster Armutsbericht wurde auf Initiative des Evangelischen Bildungswerks in Zusammenarbeit mit dem Lehrstuhl Sozialgeographie bereits im Jahr 1999 entwickelt. Etwa im Dreijahresturnus folgten Armutskonferenzen von Sozialen Initiativen und dem damaligen Sozialforum, zuletzt 2018 mit den Themen „Wohnungsnot und Altersarmut“. Unter Federführung von Direktorium 2 bzw. Amt für Jugend und Familie gab es ab 2011 einen Beteiligungsprozess, der in einem „Maßnahmenkatalog zur Bekämpfung der Ursachen und Folgen von Armut“ (2017) mündete. Der Stadtpass war eine der erfolgreichen Maßnahmen, die aus dieser Entwicklung hervorgingen. Aktuell steht das Thema Armut mit einer Neuausrichtung des Regensburger Obdachlosenkonzepts auf der Tagesordnung.
Die Runde legte sich auf gemeinsame Projektziele fest: Die Sammlung der Daten für die Fortschreibung des Armutsberichts, Entwicklung einer Datenbasis für die Stadtentwicklung, die Planung der Sozialen Infrastruktur und Dienstleistungen, regelmäßige Sozialberichterstattung und das Schaffen einer Digitalen Plattform, um den Bericht für die breite Öffentlichkeit verfügbar zu machen.