Mit der Frage „Inwieweit beeinträchtigt die menschengemachte Klimakrise die Lebensbedingungen - insbesondere von vulnerablen Gruppen – auch in Deutschland?“ eröffnete die Dozentin der Mid Sweden University den spannenden Abend an der Fakultät Sozial- und Gesundheitswissenschaften.
Angelika Kaffrell-Lindahl betonte zunächst die Rolle der Sprache im gesellschaftlichen Diskurs. „Ich selbst spreche teilweise noch von Klimakrise, aber ich versuche jetzt, eher von Klimakatastrophe zu sprechen“, erklärte sie. Sprache müsse der Realität gerecht werden und dürfe das Ausmaß der Bedrohung nicht verharmlosen.
Die Gastrednerin erläuterte eindrücklich die sogenannten „Tipping Points“ als Schwellenwerte im Klimasystem, deren Überschreiten abrupte und oft unumkehrbare Veränderungen auslöst. Diese kritische Kipppunkte würden aktuell schneller und gravierender erreicht als laut Prognosen erwartet. Die Referentin warnte mit Blick auf diese Entwicklung eindrücklich vor den enormen Folgen, die eben vor Allem vulnerablen Gruppen betreffen, insbesondere Menschen im globalen Süden. Besonders besorgniserregend sei der zunehmende psychische Stress bei Kindern und Jugendlichen, die mit Klimaangst und Zukunftssorgen kämpfen.
Für die Soziale Arbeit scheint dabei der Aspekt der Klimaungerechtigkeit besonders relevant zu sein. Zentral für Angelika Kaffrell-Lindahl ist in diesem Zusammenhang das Konzept der „Triple Injustice“, nachdem Klimaungerechtigkeit entsteht durch die ungleiche Betroffenheit von den Folgen des Klimawandels, durch die ungleiche Verteilung von Ressourcen und durch mögliche negative Auswirkungen von Klimapolitik, wenn diese bestehende soziale Ungleichheiten noch verstärkt.
Vor diesem Hintergrund berichtet Angelika Kaffrell-Lindahl von zwei Ihrer aktuellen Studien:
In einer ersten Studie wurden die Wahrnehmung und das Engagement schwedischer Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter in Bezug auf die Klimakrise mit folgendem Ergebnis untersucht: Zwar erkennen viele Fachkräfte aus persönlicher Perspektive ökologische Fragen durchaus als relevant an, im sozialpädagogischen Arbeitsalltag fehle es aber häufig noch an systematischer Unterstützung, klaren Handlungsanweisungen und ausreichenden Ressourcen.
Die zweite Studie widmet sich der Integration öko-sozialer Perspektiven in die Curricula von Studiengängen der Sozialen Arbeit in Schweden. Hier zeigte sich, dass erste Ansätze dazu zwar vorhanden sind, der Grad deren Umsetzung jedoch stark variiert und häufig vom persönlichen Engagement der einzelnen Lehrenden sowie von der Nachfrage der jeweiligen Studierenden vor Ort abhängt.
Abschließend plädierte Angelika Kaffrell-Lindahl für einen Paradigmenwechsel in der Sozialen Arbeit - nicht nur in Schweden - um sowohl der aktuellen Klimakrise als auch den damit einhergehenden künftigen gesellschaftlichen Herausforderungen gewachsen zu sein.
